Für viele Würzburger ist die "Straba" zweifelsohne die unentbehrliche Königin des öffentlichen Personennahverkehrs: Etwa 20 Millionen Fahrgäste steigen jährlich in die 1.000 PS starken Straßenbahnen und kommen so sicher, umweltfreundlich und meist pünktlich ans Ziel. Längst beneiden viele andere Städte Würzburg dafür, dass man in der Perle am Main nicht den Fehler gemacht hat, den Straßenbahnbetrieb einzustellen. Trotz aller Widrigkeiten in der Stadtgeschichte hielten die Würzburger nämlich eisern an ihrer Straba fest. Selbst nach dem zermürbenden Zweiten Weltkrieg wurde der Fuhrpark notdürftig zusammengeflickt.
Mitten im Sanderauer Wohngebiet befindet sich seit Anfang der 1980er Jahre der Betriebshof Sanderau für zahlreiche Straßenbahnen und Busse. Das Depot ist neben dem 1989 eröffneten Betriebshof Heuchelhof-Rottenbauer für die Unterbringung, Wartung und Reparatur von Straßenbahnen und Bussen konzipiert. Grünstreifen, Dachgärten und eine farbliche Gestaltung des Sichtbetons sorgen dafür, dass man die exorbitanten Dimensionen des Gebäudes erst wahrnimmt, wenn man durch eines der großen Tore in die Halle fährt. Für die Feuerwehr bringt dies natürlich viele Herausforderungen und erfordert gewisse Ortskenntnisse.
Unser Norbert hat sich einen kompletten Abend freigehalten, um unseren Löschzug in Zusammenarbeit mit WVV-Mitarbeitern durch das Objekt zu führen: Zuerst informierte der "Straßenbahner im Ruhestand" über die unterschiedlichen Straßenbahntypen und deren Besonderheiten. "Mit dem Heuchelhofberg gibt es die steilste Straßenbahnstrecke Deutschlands in Würzburg" berichtete Norbert und erklärte, welche Sicherheitsmechanismen es auf diesem Streckenabschnitt gibt "damit die Straba nicht an der Wand zerschellt". Mit 1.000 PS zählen die Würzburger Strabas zu den leistungsstärksten Fahrzeugen dieser Art in Deutschland. "So ist theoretisch eine Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h möglich, gefahren werden darf aber nur maximal 60 km/h", so unser Experte.
In der Leitstelle des Betriebshofes fiel der Blick vor allem auf viele Bildschirme: Der komplette Straßenbahnverkehr und viele Buslinien werden von dort rund um die Uhr überwacht. Farbige Balken auf einem der vielen Displays zeigen Verspätungen an. Zahlreiche Kameras an den Haltestellen senden ihre Bilder in die Leitstelle. Bei Unfällen sind die Disponenten bzw. Verkehrsmeister besonders gefordert: "Wir müssen immer schon einen Schritt weiterdenken, sonst stauen sich die Straßenbahnzüge" schilderte der diensthabende Mitarbeiter die Herausforderungen seiner Arbeit. "Einfach mal umdrehen oder rückwärts fahren geht mit der Straba in der Regel nicht". Natürlich durfte in der Leitstelle auch ein Blick auf die Brandmeldeanlage nicht fehlen.
In den Katakomben des Betriebshofes erwartete uns wiederum in der Sprinklerzentrale ein mächtiger Wassertank und reichlich Rohre: Brennt es im Gebäude, so nimmt eine große Sprinkleranlage den Betrieb auf. Zwei große Wassertanks überbrücken den Zeitraum bis die Feuerwehr eintrifft. Auch überdimensionale Brandschutztore und zahlreiche Rauch- und Wärmeabzugsanlagen ergänzen den anlagentechnischen Brandschutz im Sanderauer Straßenbahndepot.
Einmal unter einen 39 Tonnen schweren GT-N schauen durfte unser Löschzug in der Werkstatt des Betriebshofes: Auf einer Hebebühne schwebte die Straba über dem Boden und wurde auf Herz und Nieren überprüft. "An den weißen Pfeilen kann man die Straßenbahn beispielsweise beim Eingleisen anheben" erklärte Norbert zusammen mit den beiden Werkstattmeistern. Nahezu alles kann dank reichlich Werkzeug und Gerätschaften repariert werden. Ein Stockwerk tiefer wurden früher auch Linienbusse repariert.
Ein Höhepunkt der Führung waren für die Maschinisten die Sonderfahrzeuge: Ein alter Rüstwagen ermöglicht es, entgleiste Straßenbahnen wieder zurück aufs Gleis zu bringen. Ein moderner Fahrleitungsmontage- und Unfallhilfswagen kann eingesetzt werden, wenn die Oberleitung reißt. Zum Fuhrpark zählen unter anderem auch eine E-Lok mit Schneepflug, ein Schienenpflegewagen und diverse Schienenreinigungsfahrzeuge. Auch ein Trichterwagen bzw. Gleisschotterwagen stand im Depot - dieser ist jedoch nur ausgeliehen.
90.000 Liter fasst die Regenwasserzisterne des Betriebshofes Sanderau. Dank einer Osmoseanlage werden mit dem Wasser die Busse und Straßenbahnen gewaschen. Die Wartungs- und Waschhalle mit Tankstellen bildete den Abschluss der Objektbegehung. Vorgestellt wurde auch die Lackiererei, in der die Strabas und Busse in der Regel beklebt werden. Für etwas Werbung auf dem Duewag fehlte uns jedoch das nötige Kleingeld. :-)
Wir bedanken uns herzlich bei Norbert Konrad für die superinteressante Führung durch den Betriebshof! Ein großes Dankeschön geht auch an die drei Mitarbeiter der WVV, die uns geduldig jede Frage beantwortet haben und uns an Orte geführt haben, die man sonst selten zu Gesicht bekommt.